You can edit almost every page by Creating an account. Otherwise, see the FAQ.

Lingumarketing

Aus EverybodyWiki Bios & Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche



Lingumarketing beschreibt einen Ansatz, der aus der Korpuslinguistik stammende Erkenntnisse auf eine entsprechende (Online-)Kommunikationssituation mit spezifischen Sprachdaten anwendet, um eine mögliche Marketingstrategie zu initiieren bzw. zu optimieren. Dabei handelt es sich meist um Sprachdaten in Form von schwach strukturierten Textnetzen, die durch die Variablen Größe, Unbestimmtheit und (thematische) Vielfalt gekennzeichnet sind (eine Variante der Big Data[1]). Dies betrifft u. a. die Kanäle Social Media, Blog, Freitextfeld auf Homepages oder Bewertungs-/User-Forum. Lingumarketing kann als interdisziplinäres Forschungsgebiet im Bereich der Marktforschung angesehen werden, an der Schnittstelle zwischen Linguistik und Marketing, ähnlich dem Neuromarketing.[2]

Annahmen[Bearbeiten]

Lingumarketing geht davon aus, dass Sprachverarbeitung zum großen Teil unbewusst abläuft und dass Sprache Realität erzeugt, angelehnt an die Erkenntnistheorie des Konstruktivismus.[3] Sprache richtet sich nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten, weshalb sie wiederum schwer mit konventionellen, numerisch ausgerichteten Methoden messbar ist und sich schlecht in rational-ökonomische Denkstrukturen des klassischen Marketing-Mix einfügt. Sprachdaten sind keine eindeutigen Zahlen und können somit nicht einfach in solche umgerechnet werden, da sie semantische Mehrinformationen (Konnotation, Kontextwissen etc.) enthalten.[4]

Methoden[Bearbeiten]

Lingumarketing nutzt Methoden der qualitativ-hermeneutischen Text- und Diskursanalyse (u. a. Analysen von Semantik, Kollokation, Isotopie oder Metapher)[5] in Kombination mit semi-automatisierten Techniken des linguistischen Text Mining,[6] computerlinguistischen und statistischen Analyseverfahren zur Entdeckung von verborgenen Bedeutungen in großen Textmengen. Dies sind u. a. Clustering-Verfahren mittels der Parameter Keyword, Kookkurrenz, Themenentdeckung und -verfolgung, Part-of-speech-Tagging, Named-entity recognition oder Sentimentanalyse. Die Sentimentanalyse erfasst dabei Bewertungen und Polaritäten (positiv, negativ, neutral) der Zielgruppen.[7]

Fragestellungen[Bearbeiten]

Lingumarketing wird häufig bei offenen Fragen angewendet, z. B.

  • Wie kamen Kampagnen oder Leistungen bei Zielgruppen an?
  • Was denken Zielgruppen über X oder X's Leistungen (Image)?
  • Was wird von Zielgruppen gut, was wird schlecht bewertet?
  • Was sind die Wünsche und Probleme der Zielgruppen (Themenentdeckung und -verfolgung)?
  • Wie agieren X's Wettbewerber?
  • Wie sehen X's Märkte derzeit/zukünftig aus?
  • Wie bewerten die eigenen Mitarbeitenden X?

Durch die Methoden des Lingumarketing kann mittels Volltextanalysen (online) schneller und kosteneffizienter an realistisches Feedback, d. h. an tieferliegendes Wissen und Verstehen der Zielgruppen, vorgedrungen werden, und im Abschluss Leistung oder Image entsprechend modifiziert werden. Beispielsweise geben nicht nur Autosemantika (Substantive, Verben und Adjektive) Aufschlüsse über das Thema (z. B. Liefertreue oder vertrauen); kleine (Negations-)Partikel und Distanzmarker wie eigentlich, selbstverständlich, kein verweisen auf als gemeinsam unterstelltes Wissen, auf Ziele oder Normensysteme, Nähe und Distanz der Zielgruppen.[8] Diese Informationen sind essentiell, um auf die Zielgruppenwünsche/-emotionen (sprachlich) angepasstes Marketing anzubieten, z. B. auf ein negatives Image reagieren oder Produktportfolio anpassen etc.

Ziele[Bearbeiten]

Durch Lingumarketing werden implizite Informationen explizit gemacht, d. h. bewertungsindizierende Äußerungen oder Argumente, und somit neues und potenziell nützliches Wissen gewonnen. Zielgruppen wie Kunden oder Mitarbeiter werden zu sprachlichen Ideengebern in einem Wissenszirkulationsprozess (hermeneutischer Zirkel) gemacht und eine Leistungs-/Imageanpassung über tatsächliches Feedback ex post (ohne Simulationen in Fokusgruppe oder Fragebogen) vorgenommen. Am Ende stehen neue Muster und ein besseres Verstehen von allen Kommunikationsteilnehmern, welches auf einer sicheren Datenlage basiert. Die konkreten Auswirkungen von Lingumarketing auf die Performance von Unternehmen können sich langfristig in verringerten Vertriebskosten, Effizienzsteigerungen in der allgemeinen Korrespondenz, Imageverbesserungen, überzeugenderer Darstellung der Produkte, längerfristiger Kundenbindung sowie besserer Kundeninteraktion zeigen.[9]

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. R. Reichert: Big Data: Analysen zum digitalen Wandel von Wissen, Macht und Ökonomie. Bielefeld: transcript Verlag, 2014. S. 10
  2. Hans-Georg Häusel: Neuromarketing: Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Verkauf. Haufe Fachbuch, 2014.
  3. Siegfried Schmidt: Kognitive Autonomie und soziale Orientierung. Konstruktivistische Bemerkungen zum Zusammenhang von Kognition, Kommunikation, Medien und Kultur. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1996.
  4. Christina A. Anders, Markus Hundt, Alexander Lasch: Der sprachliche Auftritt börsennotierter Unternehmen aus dem Energie- und Finanzdienstleistungssektor – Personalrekrutierung durch Sprache. Trends und Tendenzen in der sprachlichen Gestaltung von Karrierewebseiten (KIMATEK 2010) Kiel 2011: Personalkommunikation Schelenz/promerit.
  5. Simone Burel: Identitätspositionierungen der DAX-30-Unternehmen. Die Sprachliche Konstruktion von Selbstbildern in Repräsentationstexten. Berlin/Boston, 2015.
  6. Bianka Trevisan, Eva-Maria Jakobs: Linguistisches Text Mining. In: Bernhard Keller, Hans-Werner Klein, Stefan Tuschl (Hrsg.): Zukunft der Marktforschung. Entwicklungschancen in Zeiten von Social Media und Big Data. Heidelberg, 2015. 167–185.
  7. Manfred Klenner: Süsse Beklommenheit und schmerzvolle Ekstase: Automatische Sentimentanalyse in den Werken von Eduard von Keyserling. In: C. Chiarcos (Hrsg.): Von der Form zur Bedeutung: Texte automatisch verarbeiten. 2009. S. 91–97.
  8. Joachim Ballweg: Modalpartikel. In: Ludger Hoffmann (Hrsg.): Handbuch der deutschen Wortarten. Berlin, 2009. 547–553.
  9. Gerlinde Mautner: Sprache, Handel, Sprachhandeln: Zur Bedeutung von Sprache im Management. In: Jonas F. Puck, Christoph Leitl (Hrsg.): Aussenhandel im Wandel. Festschrift zum 60. Geburtstag von Reinhard Moser. Heidelberg, 2011. 3–12.


Diese artikel "Lingumarketing" ist von Wikipedia The list of its authors can be seen in its historical and/or the page Edithistory:Lingumarketing.



Read or create/edit this page in another language[Bearbeiten]