Personalvermögens-Konzept
Das Personalvermögenskonzept war ein Ansatz einer Methode bzw. eine universitäre Lehrmeinung im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre, wie man personelle Ressourcen in Unternehmen wertmäßig darstellen kann. Dazu wird das Personalvermögen als eine Kombination von Qualifikationen (Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse) und Motivationen dargestellt und gedanklich von seinen Trägern, den Menschen bzw. Mitarbeitern im Unternehmen, abstrahiert.
Begrifflich handelt es sich um einen Ansatz, der der Bezeichnung Humankapital ähnlich ist. In der neueren Literatur wird dieser aus der britischen und amerikanischen Wirtschaftstheorie stammende Begriff gleichbedeutend verwendet.
Entstehungsgeschichte / Inhalt[Bearbeiten]
Gerhard E. Ortner (Forschungsgebiet Personalwirtschaft, Personalentwicklung und Bildungsbetriebslehre an der Fernuniversität Hagen)[1] entwickelte diesen Ansatz in den 1970er Jahren im Rahmen seiner Lehre der 'dynamischen Personalwirtschaft'; er lehrte diese bis zum Ende seiner Lehrtätigkeit im Sommersemester 2010.[2]
Das Personalvermögen stellt einen Bestand im Sinne der betrieblichen Vermögensrechnung dar und kann beispielsweise in einer Bilanz, nach Berechnung mittels einer ebenfalls von Ortner aufgestellten Formel (genannt „Hagener Schema“, weil an der Fernuniversität Hagen entwickelt), wertmäßig dargestellt werden. Genauso kann betriebswirtschaftlich mit Bestand und Bedarf an Personalvermögen gearbeitet werden. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit ist das Einbeziehen des Personalvermögens in die Unternehmensbewertung, z. B. bei Unternehmensverkauf oder -übernahme.
Personalvermögen setzt sich gemäß dieser Lehrmeinung zusammen aus der Qualifikation der Mitarbeiter und aus ihrer Motivation, diese Qualifikation im betrieblichen Leistungserstellungsprozess zu nutzen. 'Qualifikation' meint die Summe der Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse der Mitarbeiter. Der Zusammenhang zwischen Qualifikation und Motivation ist gemäß Prof. Ortner multiplikativ: Ist die Qualifikation hoch und geht die Motivation gegen Null, geht auch die daraus resultierende Arbeitsleistung gegen Null. Ebenso resultiert hohe Motivation bei sehr niedriger, gegen Null gehender Qualifikation in niedriger bzw. nicht messbarer Arbeitsleistung.
Es wird zwischen dem individuellen und dem institutionellen Personalvermögen unterschieden:
- Individuelles Personalvermögen ist Leistungsmöglichkeit einer einzelnen Person im Zuge des betrieblichen Leistungserstellungsprozesses.
- Institutionelles Personalvermögen ist die Summe des individuellen Personalvermögens aller Mitarbeiter, die sie einer Institution (einem Unternehmen, einem Projekt, einer Abteilung) gegen Entgelt zur Verfügung stellen.
Das Konzept bzw. die Lehrmeinung geht auch davon aus, dass Dienst- oder Arbeitsverträge eigentlich Nutzungsverträge für das jeweilige Personalvermögen des Mitarbeiters sind, vergleichbar mit Lizenzverträgen nach dem Urheberrecht.
Einordnung[Bearbeiten]
Das Konzept des Personalvermögens kann als ein Vorläufer der Diskussion um „immaterielle Wirtschaftsgüter“ (zu unterscheiden von immateriellen Vermögenswerten) betrachtet werden. Es versucht, den unternehmerischen Wert der Kompetenzen, Qualifikationen sowie des Wissens der Mitarbeiter als intangible Ressourcen bzw. Produktionsfaktoren eines Unternehmens zu erfassen und zu bewerten. Der Ansatz Ortners, die vertraglich geregelte Bereitstellung menschlicher Arbeitskraft als Nutzungsvertrag für Humankapital aufzufassen und damit mit Lizenzverträgen im Sinne des Urheberrechts vergleichbar zu machen, wurde später von Forschungsinstituten wie z.B. dem EIKV (European Institute for Knowledge and Value Management) aus Luxemburg wieder aufgegriffen, um Humankapital als Intellectual Capital auszuweisen und einzustufen.
Die Abgrenzung zum Begriff Humankapital erfolgt laut Prof. Ortner nach betriebswirtschaftlichen Aspekten: Personelle Ressourcen bzw. das Personalvermögen stellen einen Wert auf der Aktivseite (also der linken Seite) der Bilanz dar, während das Kapital bzw. alles, was rechts auf der Passivseite der Bilanz steht, lediglich die Mittel zur Finanzierung des links stehenden Vermögens darstellen (Eigenkapital und Fremdkapital in Form von Bankkrediten und Lieferanten-Verbindlichkeiten).
Kritik[Bearbeiten]
Kritiker halten das Konzept des Personalvermögens für bedeutungslos. Es hat keinen Eingang in die Theorien der Organisationsentwicklung gefunden.
Siehe auch[Bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten]
Mroß, Michael D.: Risiken bei Investition in das Personalvermögen und Strategien zu deren Absicherung, Rainer Hampp Verlag, München, Mering 2001, zugl. Hagen i.W.: FernUniversität in Hagen Diss. 2001.
Ortner, Gerhard E.: Womit wirtschaftet die Personalwirtschaft? Der Mensch im Unternehmen ist kein "Humankapital", er hat "Personalvermögen", in: Das Personalvermögen, Magazin für Personalwirtschaft und Weiterbildung, H. 1, 2003, S. 4-5.
Ortner, Gerhard E.: Die Zukunft der Unternehmen: Humankapital und Personalvermögen, Hagener Universitätsreden Nr. 37.2, Hagen i.W. 2000.
Ortner, Gerhard E.: Personalvermögensrechnung: Zur Übertragung des Humankapitalkonzeptes auf die betriebliche Personalinfrastruktur, in: Herbert Schmidt (Hrsg.): Humanvermögensrechnung, Instrumentarium zur Ergänzung der unternehmerischen Rechnungslegung - Konzepte und Erfahrungen, De Gruyter, Berlin, New York 1982, S. 357–395.
Ortner, Gerhard E. / Thielmann-Holzmayer, Claudia: Was ist (uns) unser Personal wert?, in: Personalstrategie, Personalmanagement als Business Partner, in: Klinkhammer, Heinz (Hrsg.), Luchterhand, Neuwied, Kriftel 2002, S. 220-244.
Richter, Kerstin: Personalvermögen wird geschätzt, das Personalrisiko unterschätzt, Theorie-Praxis-Projekte zum Risikomanagement, in: Das Personalvermögen, Magazin für Personalwirtschaft und Weiterbildung, H. 2, 2005, S. 12.
Thielmann-Holzmayer, Claudia: Das Personalvermögenskonzept als Grundlage einer zeitgemäßen und ökonomisch orientierten Personalwirtschaft, in: Zeitgemäßes Personalmanagement, erfolgreiche Bereitstellung und Nutzung von Personalvermögen, Festschrift für Gerhard E. Ortner zum 65. Geburtstag, Michael D. Mroß und Claudia Thielmann-Holzmayer (Hrsg.), Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2005.
Thielmann-Holzmayer, Claudia: Personalvermögen oder "Humankapital", Argumentation aus betriebswirtschaftlicher Sicht, in: Das Personalvermögen, Magazin für Personalwirtschaft und Weiterbildung, H. 1, 2005, S. 14-15.
Thielmann-Holzmayer, Claudia: Personale Ressourcen: Bilanzierbares Kapital oder Vermögen eines Unternehmens?, in: Das Personalvermögen, Magazin für Personalwirtschaft und Weiterbildung, H. 1, 2004, S. 9-11.
Thielmann-Holzmayer, Claudia: Marketing und Personalentwicklung, Integrative Personalentwicklungsmarketing: Ein Instrument zur Optimierung der Bildung von Personalvermögen, in: Das Personalvermögen, Magazin für Personalwirtschaft und Weiterbildung, H. 2, 2004, S. 9-11.
Thielmann-Holzmayer, Claudia: Interne Bildung von Personalvermögen durch integratives Personalentwicklungsmarketing, Gabler Edition Wissenschaft, Wiesbaden 2002, zugl.: Hagen i.W.: FernUniversität in Hagen Diss. 2002[3]
Thielmann-Holzmayer, Claudia: Zur Aktivierung personaler Potenziale in der Bilanz, in: Personal, Zeitschrift für Human Resource Management, 53. Jg., 2001, H. 4, S. 184-185.
Fußnoten[Bearbeiten]
- ↑ www.fernuni-hagen.de: Website
- ↑ www.fernuni-hagen.de
- ↑ Titel: Die interne Bildung von Personalvermögen durch integratives Personalentwicklungsmarketiung: Theoretische Begründung und konzeptionelle Bedingungen zur Übertragung des Marketing auf die Personalentwicklung als personalwirtschatliche Aufgabe.
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