You can edit almost every page by Creating an account. Otherwise, see the FAQ.

Ansprache an die Staats- und Regierungschefs der EU 2017 (Papst Franziskus)

Aus EverybodyWiki Bios & Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche


Die Ansprache von Papst Franziskus an die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union anlässlich des 60. Jahrestags des Vertrags von Rom fand am 24. März 2017 im Apostolischen Palast im Vatikan statt.[1] Die Rede wird als eine der "großen Europa-Reden" des Oberhauptes der römisch-katholischen Kirche bezeichnet.[2][3]

Der maltesische Premier Joseph Muscat hatte diese Rede initiiert mit dem Gedanken, dass nur der Papst „die letzte Autorität [sei], die den zerstrittenen Staats- und Regierungschefs, ein wenig Rat und Richtung geben kann."[4]

Themen der Rede[Bearbeiten]

Der Papst rief die Regierungschefs an gegen den Populismus vorzugehen.[1] Die EU sei zu diesem Zeitpunkt in einer Krise und könne diese abwenden, wenn sie sich "auf die Ideale der Gründerväter besinne".[1] Ähnlich zu seiner Ansprache im Europaparlament 2014 betonte Franziskus, dass der Mensch und seine Würde im Mittelpunkt der EU stehen sollten.[1] Er forderte weiterhin einen „neuen europäischen Humanismus", in dem Europa sich zurückbesinnt auf seine „christlichen und humanen Werte".[1]

Angesichts des kurz zuvor begonnenden Brexit-Prozess warnte Franziskus vor einem "Zerfall der Union.[5] Er mahnte deshalb, dass die Regierungschefs stärker miteinander zusammenarbeiten sollten und die EU so verjüngen.[4] Er habe nach Einschätzungen den „Geist der Solidarität" beschworen.[6]

Er mahnte die Europäische Union zu einem Umdenken in der Migrationspolitik an.[7]

Die Rede kann wie folgt zusammengefasst werden:

Einleitung[Bearbeiten]

„Man kann die Zeit, in der wir leben, nicht ohne die Vergangenheit begreifen,
die nicht als die Gesamtheit ferner Tatsachen zu verstehen ist,
sondern als der Lebenssaft, der die Gegenwart durchströmt.
Ohne dieses Bewusstsein verliert die Realität ihre Einheit, die Geschichte ihren logischen Faden,
und die Menschheit geht des Sinnes ihrer eigenen Taten sowie der Richtung der eigenen Zukunft verlustig.“

Zu Beginn seiner Ansprache vor den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union bekräftigt Papst Franziskus die Verbundenheit des Heiligen Stuhls mit den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU und weist darauf hin, dass es sich bei den Feierlichkeiten zum Jahrestag des „Vertrags von Rom“ nicht allein um ein Gedenken an Vergangenes handelt, sondern dass die Bedeutung der damaligen Geschehnisse für die Gegenwart bedacht werden müsse. Die Gegenwart mit ihren Problemen und Herausforderungen kann nämlich nur verstanden werden, wenn man die Vergangenheit mit einbezieht und sie sich bewusst macht.

Das Erbe der Gründerväter der Europäischen Union ist nicht allein ein wirtschaftliches oder politisches, sondern vor allem auch ein kulturelles und geistiges, das darauf ausgelegt ist, „den Menschen ausgehend von seiner transzendenten und unveräußerlichen Würde zu begreifen“. Dieses menschliche Fundament, das die Europäische Union trägt, findet besonderen Ausdruck im Geist der Solidarität. Dieser Geist der Solidarität muss eine Offenheit mit sich bringen, die eingedenk der Mauern und Teilungen der Vergangenheit nicht neue Grenzen und Mauern gegenüber jenen errichtet, die heute auf der Flucht sind und sich Frieden suchend an Europa wenden.

In dem Erinnerungsvakuum, das der Papst für die gegenwärtigen Zeiten konstatiert, wird oft die Frieden stiftende Leistung der Europäischen Union vergessen. Die lange Friedensära der Vergangenheit kann nur beibehalten werden, wenn ein jeder frei daran mitwirkt. Daher darf sich das vereinte Europa nicht allein darauf beschränken, die Staatsgrenzen zu überwinden, sondern es muss auch die Grenzen zwischen den Generationen abbauen, um die Jugendlichen zu erreichen, die die Zukunft Europas sind.

Hauptteil[Bearbeiten]

„Unsere Zeit ist also eine Zeit der Entscheidung,
die dazu einlädt, das Wesentliche zu prüfen und darauf aufzubauen:
es ist somit eine Zeit von Herausforderungen und Möglichkeiten.“

Der Geist der Gründerväter der Europäischen Union, der für die Werte des Gemeinwohls und der Würde, der Freiheit und der Gerechtigkeit einsteht – und dies vor dem Hintergrund der christlichen Kultur Europas – , ist von einer zeitlosen Aktualität und fordert auch heute noch heraus. Diese Werte haben ihre Wurzeln in der christlichen Prägung Europas und einen bis heute den Kontinent. Ihre Zukunft ist jedoch davon abhängig, ob die Verbindung zu dieser Wurzel, die das Potenzial birgt, eine von ideologischen Gegensätzen befreite Gesellschaft zu errichten, aufrechterhalten werden kann. In der Gegenwart wird Europa von einer Vielzahl von Krisen bedroht, von Krisen, „welche die Angst und die tiefe Verwirrung des heutigen Menschen verbergen, der nach einer Hermeneutik für die Zukunft verlangt“. Franziskus lädt dazu ein, diese Krisen als Herausforderungen zu begreifen, die auch Möglichkeiten für die Zukunft in sich bergen.

„Die Europäische Union entsteht als eine Einheit der Verschiedenheiten und Einheit in den Verschiedenheiten.
Die Eigenheiten dürfen deshalb nicht erschrecken und man darf auch nicht denken,
dass Einheit durch Uniformität bewahrt würde.
Diese ist vielmehr die Harmonie einer Gemeinschaft.“

Um die gegenwärtigen Probleme zu lösen und eine hoffnungsvolle Perspektive für die Zukunft aufzuzeigen, muss sich Europa an das Denken der Gründerväter der Europäischen Union erinnern. Die von diesen geschaffenen Grundsätze – nämlich den Frieden, den Menschen, die Offenheit für Welt und Zukunft sowie die Entwicklung und die Solidarität zu fördern – bieten Lösungsansätze für aktuelle Probleme. Das Umsetzen und Verfolgen dieser Lösungsansätze ist die Hoffnung für die Zukunft und Aufgabe der Politiker.

Im Mittelpunkt der Europäischen Union muss der Mensch stehen. Dies ist notwendig, um die oft wahrgenommene Kluft zwischen den europäischen Institutionen und den Menschen zu überwinden. Die Individualität der Menschen muss gefördert und geschätzt werden, um eine wahre Einheit zu stiften, die nicht durch Uniformität, sondern nur in den Verschiedenheiten gefunden werden kann. Die so angestrebte harmonische Gemeinschaft soll Europa als „eine Familie von Völkern“ begreifen, die, wie eine echte Familie, sensibel ist für die Unterschiede und Eigenheiten des Einzelnen und diese für die Gemeinschaft fruchtbar macht.

Um die Formen des Populismus abzuwehren, der heute um sich greift, ist es sinnvoll, die Solidarität zu fördern und zu stärken. Solidarität stiftet Einheit und Verbundenheit untereinander und hilft, sich „des Triumphs der Partikularismen“ und des Egoismus zu erwehren. Daher soll sich die Politik davor hüten, Emotionen auszunutzen, sondern vielmehr auf Solidarität und Subsidiarität gegründete Handlungsweisen anwenden.

„Europa hat ein ideelles und geistiges Erbe, das einzigartig ist auf der Welt.
Dieses ist es wert, mit Leidenschaft und neuer Frische wiederaufgegriffen zu werden.
Es stellt das beste Heilmittel gegen das Vakuum an Werten unserer Zeit dar,
jenen fruchtbaren Boden für Extremismen aller Art.“

Europa wurde im Lauf seiner Geschichte wesentlich durch den Kontakt mit anderen Völkern und Kulturen geprägt. In diesem Sinne spricht sich Papst Franziskus für ein der Welt gegenüber offenes Europa aus, das bereit ist, auf allen Ebenen seine Dialogfähigkeit zur Geltung zu bringen. Diese Offenheit und Dialogbereitschaft ist gerade angesichts der Migrationsproblematik von großer Bedeutung, denn diese kann nicht behandelt werden, „als sei sie nur ein zahlenmäßiges, wirtschaftliches oder ein die Sicherheit betreffendes Problem“. Europa muss seine Offenheit, nicht zuletzt auch seine „Offenheit für den Sinn des Ewigen“, als das begreifen, was sie zu allen Zeiten war: als einen Reichtum, den es zu pflegen gilt.

Die Zukunft Europas wird auch davon abhängen, inwieweit in Frieden und Entwicklung – zwei Bereiche, die untrennbar miteinander verbunden sind – investiert wird. Frieden kann nur gewährleistet werden, wenn eine angemessene Entwicklung stattfindet, die den Menschen, seine Lebensbedingungen, seine Arbeit sowie den Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung berücksichtigt. Schließlich muss sich Europa der Zukunft und damit den jungen Menschen und Familien öffnen, um ihnen sinnvolle Perspektiven und Möglichkeiten anzubieten, und dafür Sorge tragen, dass „das Leben in seiner ganzen Unantastbarkeit“ geschützt wird.

Schluss und Handlungsaufforderung[Bearbeiten]

„Auch die Europäische Union ist heute gerufen,
sich zu prüfen sowie die unvermeidlichen Beschwerden, die mit den Jahren einhergehen,
zu behandeln und neue Pfade zu finden, um den eigenen Weg fortzusetzen.“

Der Heilige Vater sieht die Europäische Union 60 Jahre nach dem Inkrafttreten des „Vertrags von Rom“ in der Pflicht, sich selbst zu prüfen, um neue Wege in die Zukunft gehen zu können und die Chance einer neuen Jugend wahrzunehmen. Der Erfolg der Union ist vom Willen der Einzelnen abhängig, auch in Zukunft weiter zusammenzuarbeiten. Die Staats- und Regierungschefs sieht der Papst als Verantwortungsträger in die Pflicht genommen, einen neuen Humanismus zu etablieren und Entscheidungen zu treffen, die die realen Probleme der Menschen beantworten. Um dies zu erreichen, bekräftigt der Papst die Nähe der katholischen Kirche zur Europäischen Union und ihren Willen, am Aufbau Europas mitzuarbeiten.

Rezeption[Bearbeiten]

Die französische Präsidentschaftskandidatin war dem Papst aufgrund seiner erneuten Forderungen nach einer Änderung der Flüchtlingspolitik "Einmischung" in die Angelegenheiten von Staaten vor.[7]

Die Rede von Franziskus wird als ein Impulsgeber von päpstlicher Seite für eine Reform der Europäischen Union gesehen, insbesondere als Reformimpuls in Richtung einer Gesellschaft, die die Person, im Gegensatz zur Wirtschaft im Mittelpunkt hat.[3]

Literaturempfehlungen[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Franziskus trifft EU Staats und Regierungschefs. domradio.de, 24. März 2017, abgerufen am 28. Februar 2022.
  2. Alexandra Lason: Umstrittenes Abendland: Eine theologische Grundlagenreflexion. 2021, ISBN 978-3-643-14650-2, S. 18.
  3. 3,0 3,1 Kerstin Schlögerl-Fierl: Die EU als ethisches Projekt im Spiegel ihrer Außen- und Sicherheitspolitik. Hrsg.: Alexander Merkl, Bernhard Koch. Nomos, 2018, ISBN 978-3-8487-4861-7, S. 107.
  4. 4,0 4,1 Bernd Riegert: Papst macht der EU Mut vor Geburtstagsfeier. In: Deutsche Welle. dw.com, 24. März 2017, abgerufen am 28. Februar 2022.
  5. Papst Franziskus empfängt EU-Staats- und Regierungschefs. BRF Nachrichten, 24. März 2017, abgerufen am 28. Februar 2022.
  6. Franziskus beschwört den Geist der europäischen Solidarität. Handelsblatt, abgerufen am 28. Februar 2022.
  7. 7,0 7,1 Le Pen wirft Papst Einmischung vor. Spiegel.de, 14. April 2017, abgerufen am 28. Februar 2022.


Diese artikel "Ansprache an die Staats- und Regierungschefs der EU 2017 (Papst Franziskus)" ist von Wikipedia The list of its authors can be seen in its historical and/or the page Edithistory:Ansprache an die Staats- und Regierungschefs der EU 2017 (Papst Franziskus).



Read or create/edit this page in another language[Bearbeiten]