Johannes Helmrath (Philologe)
Johannes Bertram Helmrath (* 8. April 1920 in Troisdorf; † 13. April 1999 in Aachen) war ein deutscher klassischer Philologe, Pädagoge und langjähriger Direktor des Kaiser-Karls-Gymnasiums zu Aachen. Er gilt als einer der letzten Repräsentanten der Idee eines christlich geprägten pädagogischen Humanismus.
Leben und Wirken[Bearbeiten]
In einer alteingesessenen Troisdorfer Handwerkerfamilie aufgewachsen, besuchte Johannes Helmrath das Anno-Gymnasium in Siegburg. Nach sechs prägenden Kriegsjahren studierte er klassische Philologie an der Universität zu Köln. Zu seinen akademischen Lehrern gehörte Günther Jachmann. Helmraths pädagogische Laufbahn begann am Kölner Dreikönigsgymnasium. Zugleich setzte er sein wissenschaftliches Wirken als Lektor am Institut für Altertumskunde der Kölner Universität fort.
Von 1961 bis 1983 wirkte Helmrath als Direktor und Pädagoge am zu seiner Zeit noch humanistisch geprägten Kaiser-Karls-Gymnasium zu Aachen. Die präzise Arbeit des Spracherwerbs war für ihn der Schlüssel zur Geisteswelt der Antike und zum Verständnis der Sprache als Instrument des Geistes schlechthin. In diesem Sinne bot Helmraths Griechischunterricht zugleich eine Einführung in die griechische Philosophie anhand der Quelltexte. Der Historiker Johannes Helmrath ist sein Sohn und Schüler.
Überregional ausstrahlende Glanzpunkte im kulturellen Leben Aachens seiner Zeit waren die von Helmrath geprägten Karlsfeste zum 28. Januar jeden Jahres. Ihr Höhepunkt der Schulveranstaltung war Helmraths Rede, die durch die ins Deutsche übertragenen Mittel antiker Rhetorik pädagogische und kulturelle Probleme des Zeitgeschehens in den Blick nahm. Meist konnte nur das Audimax der RWTH Aachen den Andrang seiner Hörerinnen und Hörer fassen. Das geistliche Gegenstück war das lateinische Festhochamt im Aachener Dom mit seiner über tausendjährigen Tradition der Sakralmusik, für die der ehemalige Karlsschüler und Domkapellmeister Prälat Rudolf Pohl lebendig hielt.
Als Pädagoge und Gymnasialdirektor verkörperte Helmrath durch Prägung seiner Schüler und seine nach außen gerichtete Strahlkraft ein Bildungsideal, das mit der 68er-Bewegung in die Defensive geraten war. Vor dem Hintergrund der Europäischen Integration als dem „immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker“, den die Präambel des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einfordert, gewinnt die europäische Humanitas Christiana im Sinne Helmrath neue Aktualität. Die in jeder Zeit nur zu führende Diskussion über adäquate Schulformen bedarf der Erinnerung an Persönlichkeiten wie Johannes Helmrath als beispielhafte Träger eines der Traditionsstränge.
Humanitas Christiana[Bearbeiten]
Von seinem katholischen Glauben geprägt, war Helmaths Humanismus bei aller Zuwendung zur Welt der Antike wesentlich 'Christlicher Humanismus'. Das humanistische Gymnasium sah er in einer großen Tradition: „Die von Augustinus vollendete Synthese von platonischem Idealismus und christlicher Theologie, bekräftigt von der Karolingischen Renaissance, blieb im christlichen Mittelalter unangefochten“, schreibt Helmrath zum 375. Jubiläum seiner Schule. „Die Archegeten des Rinascimento, wie Petrarca und Dante, sind ihre Zeugen gewesen, und erst in dem Streit zwischen Martin Luther und Erasmus ist sie problematisch geworden. Die Ratio studiorum der Jesuiten, die auch am Aachener Gymnasium Marianum galt, ist ihr ganz verpflichtet gewesen; und auch die Gymnasien des 19. Jahrhunderts, wenigstens im katholischen Rheinland, standen in der Nachfolge der Humanitas Christiana“.[1]
Außerhalb des Kaiser-Karls-Gymnasiums war Helmraths Bildungsideal jedoch bereits 1976 weitgehend erloschen: „Jener Konsens, der nach dem gemeinsam erlittenen Schock während der ersten Nachkriegsjahre unabhängig von politischer und sozialer Parteiung die Menschen verband, ist längst geschwunden“, resümiert er im Jahr des hundertsten Geburtstags Konrad Adenauers und beschreibt die Folgen von '1968' aus seiner Sicht: „Wir sind Zeugen der Wiederkehr eines sozialdarwinistischen Determinationsglaubens, der die Würde der Person leugnet und gesetzhafte Entwicklungen behauptet, die zu fördern oder wenigstens zu dulden dem Individuum als einzige ‚Freiheit‘ zugestanden wird. […] Unter dem Einfluss emanzipatorischer Katheder-Pädagogik und der schier allmächtig gewordenen ‚Kritische Theorie‘ haben staatliche Exekutiven […] die Lehrpläne von Grund auf geändert und schließlich die alte Typenstruktur der Gymnasien aufgehoben.“ Die in der 70er Jahren als Reform ausgegebene Auflösung der gymnasialen Oberstufe sei in Wahrheit programmierte Abkehr von der Idee des Gymnasiums selbst, Verzicht auf Paideia in der Schule und somit Bruch mit eben jener Humanitas Perennis.[2]
Ende der Paideia?[Bearbeiten]
Für den Niedergang der Humanitas Christiana sah Helmrath tiefe Wurzeln: „Auch die katholische Kirche hat sich seit dem II. Vaticanum deutlich von ihr abgewandt“, konstatiert er. „Dafür gibt es auch nach außen ein sichtbares Zeichen: Die im Wortsinn „katholische“ Sprache der Liturgie, das Lateinische, jahrhundertelang als ein Sinnbild der 'Einheit des Heiligen Geistes' verstanden, wurde aufgegeben. Dies ist mehr als eine von pastoraler Zweckmäßigkeit und 'aggiornamento' bestimmte Entscheidung gewesen. Sie drückt auch eine durch zeitgenössische Theologie inspirierte Entfremdung von der eigenen Tradition aus: Bis auf die Areopagrede des Apostels Paulus reichen die Zeugnisse für den unbefangenen Glauben zurück, dass der denkende und kulturschaffende Menschengeist, trotz seiner Wesensverschiedenheit, auf das göttliche Pneuma hinweise und von ihm umfangen sei. Dieses Band ist keineswegs das geringste unter denen, die die Christianitas von heute mit ihren Anfängen verbinden. Sollte es endgültig abgeschnitten sein? Seit dem II. Vaticanum haben sich kulturfeindliche, antihumanistische Stimmen in der katholischen Welt gemehrt; im Lager der „progressiven“ Eiferer nehmen sie mitunter hysterische Züge an.“[3]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Johannes Helmrath: Ende der Paideia? In: Johannes Helmrath (Hrsg.): Festschrift des Kaiser-Karls-Gymnasiums zu Aachen. Zum 375-jährigen Jubiläum. Aachen 1976, S. 17 f.
- ↑ Johannes Helmrath: Ende der Paideia? In: Johannes Helmrath (Hrsg.): Festschrift des Kaiser-Karls-Gymnasiums zu Aachen. Zum 375-jährigen Jubiläum. Aachen 1976, S. 18.
- ↑ Johannes Helmrath: Ende der Paideia? In: Johannes Helmrath (Hrsg.): Festschrift des Kaiser-Karls-Gymnasiums zu Aachen. Zum 375-jährigen Jubiläum. Aachen 1976, S. 19 f.
Personendaten | |
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NAME | Helmrath, Johannes |
ALTERNATIVNAMEN | Helmrath, Johannes Bertram (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher klassischer Philologe und Pädagoge |
GEBURTSDATUM | 8. April 1920 |
GEBURTSORT | Troisdorf |
STERBEDATUM | 13. April 1999 |
STERBEORT | Aachen |
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