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Modi der Urteilsbildung

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Die menschliche Urteilsbildung in der Psychologie wird mehrheitlich durch Zwei-Prozess-Modelle beschrieben. Es wird also angenommen, dass Menschen beim Urteilen auf verschiedene Prozesse und/oder Systeme zurückgreifen. Im Rahmen des Heuristics-and-Biases-Programms von Daniel Kahneman und Amos Tversky wird der Mensch als ein Wesen beschrieben, welches bestrebt ist kognitive Ressourcen beim Urteilen einzusparen. Danach verwendet der Mensch hauptsächlich Heuristiken, um sparsam Urteile fällen zu können. Andere Ansätze, wie etwa die Information-Integration-Theory von Norman H. Anderson, gehen davon aus, dass der Mensch beim Urteilen wesentlich komplexere Prozesse anwendet. Gelöst wird dieser Widerspruch der Theorien durch Zwei-Prozess-Modelle. Nach diesen ist der Mensch in der Lage sich verschiedenster kognitiver Strategien zu bedienen. Die Motivation, Ziele und kognitiven Ressourcen entscheiden dann letztendlich darüber, welche Art der Strategie, in welchem Umfang gewählt wird. Im Folgenden werden solche Zwei-Prozess-Modelle des menschlichen Urteilens sowie die Rolle der Intuition und des weniger populären Ein-Prozess-Modells näher erläutert.

Modelle[Bearbeiten]

Automatizität vs. Kontrolle[Bearbeiten]

Eine zentrale Unterscheidung von Informationsverarbeitungsprozessen erfolgt zwischen den beiden Polen automatisch und kontrolliert.

  • Automatische Prozesse verlaufen unbewusst, unkontrolliert und benötigen demnach kaum Aufmerksamkeit.
  • Kontrollierte Prozesse sind im Gegensatz dazu bewusst, kontrolliert und benötigen ein hohes Maß an Aufmerksamkeit.

Eine genaue und strikte Einteilung in die beiden Pole ist nur schwer möglich, man spricht aus diesem Grund vom Grad der Automatisierung eines Prozesses.[1]

Heuristisch vs. Systematisch[Bearbeiten]

Eines der elaboriertesten Zwei-Prozess-Modelle ist das Heuristic-Systematic-Model von Shelly Chaiken und Alice H. Eagley. Unter systematischer Informationsverarbeitung versteht man dabei eine umfassende analytische Orientierung, bei der alle zur Verfügung stehenden Informationen hinsichtlich ihrer Relevanz überprüft und auf der Basis von komplexen Entscheidungsregeln in ihr Urteil integriert werden. Die heuristische Informationsverarbeitung wird als stärker begrenzter Urteilsmodus verstanden, bei dem weniger kognitive Anstrengungen und Kapazitäten benötigt werden.[2] Im Detail:

  • Systematische Prozesse sind datengeleitet und benötigen viele kognitive Ressourcen. Voraussetzung für deren Anwendung sind also entsprechend hohe Motivation und ausgeprägte Fähigkeiten.
  • Heuristische Prozesse sind eher theoriegeleitet und benötigen kaum Daten und kognitive Analysen. Sie laufen mithin mit einem hohen Automatisierungsgrad ab.

Sowohl systematische als auch heuristische Informationsverarbeitungsprozesse werden verwendet, um möglichst valide Einstellungen zu einem Urteilsobjekt zu erhalten. Welcher der beiden Prozesse eher bei einem Urteil zum Tragen kommt, kann durch die Involviertheit in ein Problem bedingt werden. Ist eine Person stark in ein Problem oder Thema involviert, dann ist sie eher geneigt systematisch zu urteilen. Sie lässt sich also eher von einer schlüssigen Argumentation und der Verständlichkeit einer Botschaft überzeugen. Personen mit geringer Involviertheit urteilen hingegen anders: sie lassen sich eher durch die Sympathie und Glaubwürdigkeit des Kommunikators leiten und agieren folglich eher heuristisch.[3]

Tabellarisch können diese beiden Arten der Informationsverarbeitung, nach dem Heuristic-Systematic-Model, wie folgt zusammengefasst werden:[4]

Heuristisch Systematisch
analysearm analysereich
geringer kognitiver Aufwand hoher kognitiver Aufwand
theoriegeleitet datengeleitet
automatisch, unbewusst kontrolliert, bewusst
Anwendung von Kategorien, Schemata, Stereotypen und Heuristiken Anwendung von logischen Analysestrategien, wie z. B. Wahrscheinlichkeitsrechnung

Intuition[Bearbeiten]

Ein weiterer Faktor der beim menschlichen Urteilen von Bedeutung ist, ist die Intuition. Sie unterscheidet sich von den oben genannten Zwei-Prozess-Modellen und bildet eine eigene Form der menschlichen Informationsverarbeitung.

Lange Zeit wurde die menschliche Intuition mit dem Begriff der Anwendung von Heuristiken beim Urteilen gleichgesetzt. Zweifelhaft daran ist, ob Menschen auch unter Umständen des intuitiven Urteilens, wie z. B. unter Zeitdruck, tatsächlich auf Heuristiken zurückgreifen. Dies scheint nicht der Fall zu sein, wenn Vorerfahrungen über das Urteilsobjekt vorliegen. Aus diesem Grund wird der heuristischen Sichtweise auf intuitive Urteile eine Lernperspektive entgegengesetzt. Diese beschreibt die Intuition als einen Denkprozess, in welchem implizites Wissen abgerufen wird und sich als ein spontanes Gefühl (wie z. B. Zuneigung und Abneigung) beim Urteilen äußert. Dieses implizite Wissen wird im Alltag durch Prozesse des assoziativen Lernens erworben. Einfacher ausgedrückt bedeutet das, dass Menschen stetig unbewusst Zusammenhänge zwischen Ereignissen bzw. Reizen herstellen und diese als implizites Wissen abspeichern. Die Verarbeitung des impliziten Wissens erfolgt automatisch und unbewusst – es bildet die Gesamtheit unserer Erfahrungen ab und beeinflusst entsprechend unsere Urteile.[5]

Ein-Prozess-Modell[Bearbeiten]

Weniger populär sind in der Forschung Ein-Prozess-Modelle. Das Unimodell von Arie W. Kruglanski geht beispielsweise davon aus, dass sich die Urteilsbildung statt in zwei auch in einem einzigen Prozess abbilden lässt. Demnach sind Urteilsprozesse grundsätzlich regelbasiert und beruhen auf der Bildung von Wenn-Dann-Zusammenhängen. Gemachte Urteile beruhen folglich auf der Evidenze bzw. Relevanz von Informationen für die Herstellung eines solchen Zusammenhangs. Verschiedene Hinweise und Reize, die wir beim Prozess des Urteilens erhalten, können also entweder heuristischer oder inhaltlich-systematischer Natur sein, denn sie werden auf die gleiche Art und Weise abgearbeitet. Die Intensität der Bearbeitung ist hierbei entscheidend darüber, ob wir eher heuristisch oder systematisch urteilen. Der hauptsächliche Faktor, welcher die Intensität beim Urteilen bestimmt ist dabei die Motivation.[6]

Literatur[Bearbeiten]

  • Betsch, Tilmann, Joachim Funke, Henning Plessner: Denken – Urteilen, Entscheiden – Problemlösen. Allgemeine Psychologie für Bachelor. Berlin 2011, Kapitel 4.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Betsch, Tilmann, Joachim Funke, Henning Plessner: Denken – Urteilen, Entscheiden – Problemlösen. Allgemeine Psychologie für Bachelor. Berlin 2011, S. 43
  2. Betsch, Tilmann, Joachim Funke, Henning Plessner: Denken – Urteilen, Entscheiden – Problemlösen. Allgemeine Psychologie für Bachelor. Berlin 2011, S. 43
  3. Betsch, Tilmann, Joachim Funke, Henning Plessner: Denken – Urteilen, Entscheiden – Problemlösen. Allgemeine Psychologie für Bachelor. Berlin 2011, S. 43–44
  4. Betsch, Tilmann, Joachim Funke, Henning Plessner: Denken – Urteilen, Entscheiden – Problemlösen. Allgemeine Psychologie für Bachelor. Berlin 2011, S. 44
  5. Betsch, Tilmann, Joachim Funke, Henning Plessner: Denken – Urteilen, Entscheiden – Problemlösen. Allgemeine Psychologie für Bachelor. Berlin 2011, S. 44–45
  6. Betsch, Tilmann, Joachim Funke, Henning Plessner: Denken – Urteilen, Entscheiden – Problemlösen. Allgemeine Psychologie für Bachelor. Berlin 2011, S. 45


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