Neonazi-Konzert in Themar 2017
Die als Rock gegen Überfremdung betitelte Musikveranstaltung von Neonazis fand in den Jahren 2016 und 2017 in Thüringen statt. 2017 nahmen 6000 Personen der rechtsextremen Szene an dem als „politische Versammlung“ (Demonstration) deklarierten Konzert teil. Bei der europaweit in der einschlägigen Szene beworbenen Veranstaltung handelte es sich bis dahin um das größte Rechtsrockkonzert im Jahr 2017.[1][2][3][4][5][6][7]
Das Konzert 2017 geriet vermehrt in die Schlagzeilen, unter anderem weil der AfD-Lokalpolitiker Bodo Dressel ein Grundstück für die Veranstaltung zur Verfügung stellte, was wiederum im Vorfeld zum Austritt der stellvertretenden Vorsitzenden der AfD Thüringen Steffi Brönner führte. Bodo Ramelow, Ministerpräsident in Thüringen forderte nach dem Konzert in Themar eine Verschärfung des Versammlungsrechts, um derlei Konzertveranstaltungen effektiver verbieten zu können.
Hintergrund und Entwicklung[Bearbeiten]
Anmelder der Veranstaltung „Rock gegen Überfremdung“ 2017 war der NPD-Politiker Tommy Frenck. Frenck betreibt im benachbarten Kloster Veßra das Gasthaus „Goldener Löwe“ und machte das Lokal zum Treffpunkt der rechtextremen Szene. Von hier aus organisiert er auch einen Versandhandel mit rechtsextremen Devotionalien.
Organisatorisch wurde die Konzerte 2016 und 2017 u. a. von der Gruppierung „Turonen / Garde 20" getragen.[8]
Gelände und Konzerte[Bearbeiten]
Konzert 2016[Bearbeiten]
„Rock gegen Überfremdung“ fand 2016 mit knapp 500 Neonazis in Kirchheim im Ilmkreis statt.
Bei der Veranstaltung 2016 traten als Redner auf: Matthias Fiedler NPD Thüringen; Axel Schlimper, „Gebietsleiter Thüringen“ der „Europäischen Aktion“; Robert Köcher, „Thügida“; Nico Metze von den Hammerskins und Michael Zeise, „Der III. Weg“ und Freier Aktivist.
Es spielten die Rechtsrockbands „Die Lunikoff Verschwörung“, „TreueOrden“, „Uwocaust“, „Tätervolk“ und „Frontfeuer“.[9]
Konzert 2017[Bearbeiten]
Themar, wo das Konzert „Rock gegen Überfremdung II“ stattfand, ist eine 3000-Einwohner-Stadt in einer eher ländlichen Region im Kreis Hildburghausen im Süden Thüringens.[10]
Das Landratsamt Hildburghausen als Genehmigungsbehörde hatte das Konzert nicht als Versammlung gewertet und die Anmeldung nicht abschließend behandelt. Bekannt war im Vorfeld, dass für die „politische Versammlung“ Eintrittsgelder erhoben werden. Gegen die Weigerung des Landratsamtes Hildburghausen klagten die Veranstalter in einem Eilverfahren. Schließlich gebe es zwischen den Bands auch Wortbeiträge. Sie bekamen beim Verwaltungsgericht Meiningen Recht.[11][12][13] Eine Beschwerde des Landratsamtes gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vor dem Oberverwaltungsgericht Weimar scheiterte.[14][15] Das Grundstück für die rechtsextremistische Veranstaltung stellte 2017 der AfD-Lokalpolitiker Bodo Dressel zur Verfügung. Dressel ist Bürgermeister der Gemeinde Grimmelshausen.[16] Für das Konzert 2017 wurde europaweit in der Rechten Szene geworben. 6000 Personen nahmen am 15. Juli 2017 an der Veranstaltung teil.
Anfang Juli 2017, knapp zwei Wochen vor dem Konzert, trat die stellvertretende Vorsitzende der AfD Thüringen, Steffi Brönner, zurück. Anstoß für Brönners Rücktritt waren die geplanten rechtsextremen Konzerte in Themar, die auf dem Grundstück des AfD-Mitgliedes Bodo Dressel stattfinden.[17] Brönner warf ihrem Landesverband rechtsextremes Gedankengut und die Besetzung zentraler Stellen mit bekannten Rechtsextremen vor.[18]
Zu den Rednern auf der Veranstaltung gehörten bekannte Neonazis, wie der frühere NPD-Vorsitzende Günter Deckert, „Die Rechte“-Aktivist und Kameradschaftler Sascha Krolzig und „Thügida“-Sprecher David Köckert, sowie Denis Nikitin aus Russland. Nikitin ist der Kopf der Kampfsportgemeinschaft „White Rex“, die neonazistische Aktivisten im In- und Ausland in Kampftechniken ausbildet.
Von 12 Uhr mittags bis 1 Uhr nachts spielten die rechtsextremen Bands „Stahlgewitter", „Die Lunikoff Verschwörung“, „Sleipnir", „TreueOrden“, „Blutzeugen“, „Flak" und „Uwocaust“.
Die Polizei war mit 1000 Beamten der Bereitschaftspolizei, mehrere Hundertschaften der Landespolizei sowie Unterstützung aus sechs weiteren Bundesländern im Einsatz.[19][20][21]
Gegen 46 Teilnehmer des Neonazi-Konzerts wurden nach Angaben der Polizei Thüringen Strafanzeigen erstattet, unter anderem wegen Körperverletzung, Verstoßes gegen das Waffengesetz, Bedrohung, Beleidigung, Sachbeschädigung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Drei Personen wurden in Gewahrsam genommen, es kam zu 440 Identitätsfeststellungen.[22]
Widerstand[Bearbeiten]
Mehrere Hundert Menschen demonstrierten gegen die neonazistische Veranstaltung. Insgesamt waren neun Veranstaltungen im Vorfeld angemeldet worden. Die Stadt veranstaltete ein Bürgerfest auf dem Marktplatz.[22]
Reaktionen[Bearbeiten]
"Da kann man ganz schön traurig und hilflos werden, wenn man sieht, dass sie – getarnt als Demonstration – ein riesiges Rechtsrockfestival abgehalten haben." sagte der Ministerpräsident von Thüringen Bodo Ramelow (Die Linke) nach dem Konzert 2017. Die Veranstalter hätten mit dem als "politische Versammlung" angemeldeten Konzert Geld für ihr Netzwerk verdient und die Kosten auf den Staat abgewälzt. Ramelow forderte, das Versammlungsrecht zu beschränken, um derartige Neonazi-Konzerte künftig einfacher verbieten zu können. [23][15][24]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ nordbayern.de, Nürnberg, Germany: 6000 Teilnehmer bei Rechtsrock-Konzert in Themar - Politik - nordbayern.de. Abgerufen am 16. Juli 2017 (deutsch).
- ↑ Süddeutsche de GmbH, Munich Germany: 6000 Besucher bei Neonazi-Konzert in Themar. Abgerufen am 16. Juli 2017.
- ↑ Tausende Rechte beim Rockkonzert in Thüringen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. Juli 2017, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 16. Juli 2017]).
- ↑ Frankfurter Rundschau: Rechtsextremismus: Rechtsrock-Hochburg Thüringen. In: Frankfurter Rundschau. (fr.de [abgerufen am 16. Juli 2017]).
- ↑ Neonazis in Thüringen: Grossandrang auf Rechtsrock-Konzert in Themar – Festivalgelände erweitert. In: Neue Zürcher Zeitung. 15. Juli 2017, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 16. Juli 2017]).
- ↑ SWR3 (info@swr3.de): Neonazi-Treffen: Ein Dorf und 6000 unerwünschte Gäste | SWR3. In: SWR3.de. (swr3.de [abgerufen am 16. Juli 2017]).
- ↑ Sammy Khamis, Bayerischer Rundfunk: Rock von ganz Rechts: Wenn Neonazis die Festival-Saison eröffnen | BR.de. 26. Juni 2017 (br.de [abgerufen am 16. Juli 2017]).
- ↑ http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2017/06/01/afd-grundstueck-rechtsrock-festival_23858
- ↑ „Rock gegen Überfremdung“: Saalfelder Messerstecher organisiert Openair-Konzert mit kriminellen Neonazis. In: thueringenrechtsaussen.wordpress.com. 14. Juli 2016, abgerufen am 16. Juli 2017.
- ↑ Tausende Rechte beim Rockkonzert in Thüringen - Thema des Tages - Tageblatt.de. Abgerufen am 15. Juli 2017.
- ↑ dpa: Eilverfahren: Gericht urteilt für "Rock gegen Überfremdung". (thueringen24.de [abgerufen am 15. Juli 2017]).
- ↑ Stefan Locke: Rechtsrock-Event in Thüringen: Themar wartet auf „Stahlgewitter“ und „Blutzeugen“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. Juli 2017, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 16. Juli 2017]).
- ↑ Kreis Hildburghausen scheitert gegen Rechtsrock-Veranstalter vor Gericht, Thüringer Allgemeine, 4. Juli 2017
- ↑ "Rechtsrock-Konzert" hat Versammlungscharakter, juris.de, 12. Juli 2017
- ↑ 15,0 15,1 Demonstrationsrecht ändern Ramelow will Neonazi-Konzerte verbieten , tagesschau, 17. Juli 2017
- ↑ “Rock gegen Überfremdung”: Mindestens 5.000 Neonazis in Themar erwartet | Belltower News. Abgerufen am 15. Juli 2017.
- ↑ Höckes Stellvertreterin wirft Thüringer AfD rechtsextremistische Tendenzen vor. (thueringer-allgemeine.de [abgerufen am 5. Juli 2017]).
- ↑ http://www.tagesspiegel.de/politik/alternative-fuer-deutschland-thueringer-afd-vize-sieht-rechtsextreme-tendenzen-und-tritt-zurueck/20019906.html
- ↑ SPIEGEL ONLINE, Hamburg Germany: Kleinstadt in Thüringen: Tausende kommen zu Neonazi-Konzert - SPIEGEL ONLINE - Politik. Abgerufen am 15. Juli 2017.
- ↑ Polizeieinsatz bei „Rock gegen Überfremdung“ in Themar | thüringen112.de - Das Blaulichtportal. In: thüringen112.de - Das Blaulichtportal. 15. Juli 2017 (thueringen-112.de [abgerufen am 16. Juli 2017]).
- ↑ Stuttgart: BW-Beamte bei Rechtsrock-Festival in Thüringen | Baden-Württemberg | SWR Aktuell. In: swr.online. (swr.de [abgerufen am 16. Juli 2017]).
- ↑ 22,0 22,1 46 Anzeigen bei Rechtsrock-Konzert. MDR Thüringen vom 16. Juli 2017
- ↑ Ramelow fordert nach Nazi-Konzert Beschränkung des Versammlungsrechts. In: sueddeutsche.de. 16. Juli 2017, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 17. Juli 2017]).
- ↑ Nach Rechtsrock-Konzert in Themar: Ramelow fordert Änderung beim Versammlungsrecht, mdr.de, 17. Juli 2017
Koordinaten: 50° 29′ 56,4″ N, 10° 37′ 19,3″ O
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